DIE VIER DORTMUNDER ERKENNTNISSE AUS BRüGGE

Der auf dem Papier klare 3:0-Sieg von Borussia Dortmund beim FC Brügge war lange gefährdet und fiel am Ende zu hoch aus. Trainer Nuri Sahin durfte aus Belgien neue und bekannte Erkenntnisse mit nach Hause nehmen.

Gittens sticht erneut, Sabitzer ist unzufrieden

Aus Brügge berichtet Patrick Kleinmann

Nach Schlusspfiff war es wie so oft in der vergangenen Saison: Unter Flutlicht feierte die Mannschaft von Borussia Dortmund mit ihren quer durch Europa angereisten Fans einen weiteren Erfolg in der Champions League. Doch in den 90 Minuten zuvor mussten der BVB und seine Anhänger in der altehrwürdigen Betonschüssel unweit der historischen Altstadt lange um den Sieg zittern. Für Trainer Nuri Sahin brachte der Abend vier Erkenntnisse.

Gittens wird zur Waffe

Der gerade erst eingewechselte Kyriani Sabbe konnte einem fast leidtun. Vermutlich wusste der 19 Jahre alte Außenverteidiger, was da auf ihn zukommt - verhindern konnte er es trotzdem nicht. Beim ersten Treffer des Dortmunder Briten war es ein kurzer Wackler seines Gegenspieler, der reichte, um beim Schuss zu spät zu kommen und ihn auch noch unglücklich abzufälschen, beim zweiten Treffer wurde erst Mitspieler Ferran Jutgla mit drei Übersteigern ins Karussell geschickt bevor Sabbe erneut zu spät zur Stelle war.

Die Szenen erinnerten an den Bundesliga-Auftakt gegen Eintracht Frankfurt, auch da kam Jamie Gittens als Joker, auch da entschied er das Spiel mit zwei Treffern. Der 20-Jährige zeigt in seiner dritten vollen Saison bei den Profis in den ersten Partien genau die Entwicklung, die sich im Verein alle erhofft hatten und die sich in der Vorbereitung angedeutet hatte. Deutliche Schritte vor allem in der Entscheidungsfindung haben den Linksaußen zu einer echten Waffe gemacht, seine Fähigkeiten im Eins-gegen-eins können jederzeit einen massiven Abwehrblock ins Wanken bringen.

Was Gittens noch fehlt, ist die Konstanz. In den beiden Spielen von Beginn an im Pokal bei Phönix Lübeck und bei Werder Bremen lief wenig zusammen. Es wird für Trainer Sahin eine diffizile Aufgabe: Sein Rohdiamant ist am stärksten, wenn er von der Bank kommt, braucht für seine Entwicklung aber eigentlich so viel Spielpraxis wie möglich.

Die Bank kann Spiele entscheiden

Nicht nur Gittens gab am Mittwochabend entscheidende Unterstützung. Waldemar Anton sorgte mit seiner trockenen Spielweise dafür, dass die Abwehr zentral stabilisiert wurde, Serhou Guirassy erzielte in der Nachspielzeit mit einem selbst herausgeholten Elfmeter den dritten Joker-Treffer des BVB und Felix Nmecha gab dem Mittelfeldzentrum trotz einiger Fehler mehr Spielstärke.

Für Sahin ist die aktuelle Breite des Kaders, aus dem nur Giovanni Reyna verletzt fehlt, ein Segen. So kann er zum einen jederzeit frische Impulse mit anderen spielerischen Schwerpunkten bringen, zum anderen den nicht für die Startelf berücksichtigen Profis aufzeigen, wie wichtig sie noch sein werden. "Uns zeichnet aus, dass wir von der Bank die Tore gemacht haben", findet auch Julian Brandt.

Sabitzer fühlt sich nicht wohl

Die Laune des Mittelfeldspielers war nicht dem Ergebnis angemessen, aber Marcel Sabitzer konnte seine Unzufriedenheit in den engen Katakomben des Brügger Jan-Breydel-Stadion nicht verstecken. Aufgrund der personellen Luxus-Auswahl im zentralen Mittelfeld neben Julian Brandt, Emre Can, Pascal Groß und Felix Nmecha hat der Österreicher bisher noch nicht da spielen dürfen, wo er sich eigentlich sieht.

"Die Sechs liegt mir besser, es ist für mich anders im Zentrum", sagt er ehrlich. Auf der halbrechten Offensivposition hat er weniger Spielfeld vor und neben sich, der Einfluss schwindet. In Brügge sollte er die Kreise des offensivstarken Linksverteidigers Maxim de Cuyper einschränken, das erklärte die erneute Entscheidung seines Trainers. Der Sabitzer in seiner Glanzform der vergangenen Rückrunde ist er in dieser Saison aber offensichtlich noch nicht.

Das sieht auch Sahin. "Ich weiß, dass Sabi lieber auf der Sechs spielt. Das hat er mir schon zehntausendmal gesagt", erklärte der Coach nach dem Spiel. Immerhin, seine Aussicht für Sabitzer war vielversprechend: "Ich weiß, dass Sabi auf der Sechs besser spielt, aber es gibt Situationen, da brauchen wir Sabi auf dieser Position. Im Moment spielt er da, er wird auch sehr viele Spiele auf der Sechs machen."

Es braucht noch Zeit

Bis zum Eröffnungsknaller durch Gittens nach doch schon 76 Minuten deutete herzlich wenig darauf hin, dass Dortmund die drei Auftakt-Punkte aus Brügge mitnehmen würde. Nach einer ordentlichen Anfangsphase gelang es dem BVB immer weniger, die massive und gut strukturierte Abwehr der Gastgeber in Bedrängnis zu bringen. Die Schwarz-Gelben probierten viel, kamen trotz aller Tiefenläufe, diagonale Seitenverlagerungen und Steckpässen durch die Linien aber nur selten gefährlich in den Strafraum.

Der positiven Erkenntnisse, dass ein Joker dennoch der Dosenöffner sein kann, steht entgegen, dass das neue Aufbauspiel noch nicht gegen jeden Gegner Lösungen bietet. Verwunderlich ist das nicht, schließlich hat Sahin sein Team erst seit rund sieben Wochen komplett zusammen. Zudem stimmen die ersten Ergebnisse mit vier Siegen aus den fünf Spielen in Liga und Pokal-Wettbewerben. Am Sonntag wartet der nächste Härtetest auf den neuen BVB: Stuttgart kommt mit Schwung aus Madrid, da wird eine bessere Leistung als in Brügge nötig sein.

2024-09-19T10:35:34Z dg43tfdfdgfd