INTERVIEW - «WIR ARBEITEN ENG MIT DONALD TRUMP ZUSAMMEN»: DIE REPUBLIKANER WOLLEN DEN US-SENAT EROBERN, HABEN ABER GELDPROBLEME

Herr Thielman, die Republikaner möchten dieses Jahr die Mehrheit im amerikanischen Senat zurückgewinnen. Wie stehen die Chancen?

Wir werden den Senat 2024 zurückerobern, die Frage ist nur, mit welchem Vorsprung. Es gibt neun Senatssitze, bei denen die Republikaner eine gute Chance auf einen Sieg haben. Einer dieser Sitze gilt bereits als so gut wie sicher, derjenige in West Virginia, wo der Demokrat Joe Manchin in den Ruhestand geht. Dann stünde es im Senat schon 50:50. Siegt Donald Trump in der Präsidentschaftswahl, haben wir schon eine Mehrheit beisammen wegen der Stimme des Vizepräsidenten im Senat. Gute Siegeschancen haben wir auch in Montana und Ohio, die im Lauf der Jahre immer republikanischer geworden sind. In diesen beiden Staaten ist es für unsere Kandidaten von grossem Vorteil, dass Donald Trump zuoberst auf dem Stimmzettel steht. Und Joe Biden ist äusserst unbeliebt, dort noch mehr als sonst wo in den USA.

Die Demokraten sind also in der Defensive?

Nahezu überall.

Aber ein republikanischer Sieg ist kein Selbstläufer. Bei den Zwischenwahlen vor zwei Jahren waren die Republikaner auch im Vorteil, doch die Wahlen waren ein ziemliches Debakel. Was war denn das Problem?

Das enttäuschende Ergebnis kam daher, dass wir in Swing States um Sitze kämpfen mussten, nicht in stark republikanischen Teilstaaten, sondern in Arizona, Georgia und Nevada, wo Donald Trump 2020 eine Niederlage erlebte. Die Republikaner konkurrierten also von vornherein auf einem weit weniger freundlichen Terrain. Zudem haben hässliche, entzweiende Vorwahlen unsere Kandidaten geschwächt. Viele Leute sind der Meinung, dass nicht ausreichend geprüft wurde, welche Kandidaten wir aufstellen. Wir sollten die stärkstmöglichen Kandidaten auf der republikanischen Seite haben, die nicht nur die Vorwahlen gewinnen können, sondern auch die allgemeinen Wahlen. Der neue Vorsitzende des National Republican Senatorial Committee (NRSC) Steve Daines verfolgt einen viel aggressiveren Ansatz, und er arbeitet eng mit Trump zusammen, um bessere Kandidaten zu rekrutieren.

Wie oft sind Sie in Kontakt mit der Trump-Kampagne?

Unser Vorsitzender steht in regelmässigem Kontakt mit Donald Trump, wahrscheinlich wöchentlich. Und ich stehe in ähnlich intensivem Kontakt mit seinem obersten Wahlkampfstrategen.

Welche Rolle spielt das National Republican Senatorial Committee bei den Senatswahlen?

Es ist der politische Arm der Republikaner im Wahlkampf. Unsere Aufgabe besteht also zunächst darin, geeignete Kandidaten zu rekrutieren und ihre Kampagnen aufzubauen und ihnen zu helfen, Geld zu beschaffen. Und dann beschaffen wir für sie auch erhebliche Mittel ausserhalb der Kampagnen.

Wie rekrutieren Sie einen geeigneten Kandidaten – von Washington aus?

Am wichtigsten ist es, Leute zu engagieren, welche die jeweiligen Teilstaaten und Gemeinden sehr gut kennen. Und eines der wichtigsten Senatsrennen in diesem Zyklus findet in Montana statt. Senator Daines vertritt den Teilstaat im Senat. Meine Familie lebt seit fünf Generationen in Montana; ich habe die meiste Zeit meines Lebens damit verbracht, dort Kampagnen zu führen. Wir kennen diesen für die Senatswahlen wichtigen Staat also besonders gut.

Dann gilt es, die Stärken und Schwächen der potenziellen Kandidaten genau zu bewerten, alle Fakten zu recherchieren, denn die Demokraten werden dasselbe tun. Und dann gibt es auch einen pragmatischen Faktor: Ein Kandidat kann auf dem Papier gut aussehen, aber nicht über die Fähigkeit verfügen, Koalitionen zu bauen. Der geeignete Kandidat muss nicht nur unabhängige Wähler ansprechen, sondern auch die Basis der Partei begeistern. So vermeidet man spaltende und teure Vorwahlen.

Es werden auch Kandidaten verhindert, und Donald Trump griff und greift dabei aktiv ein. Kann das nicht auch zu bösem Blut führen wie zurzeit bei den Vorwahlen in Michigan?

Aber nicht zu allzu viel. Ich weiss, es ist die Wahrnehmung hier in Europa, dass Trump ein Hindernis für unsere möglichen Erfolge darstellt. Aber das ist 2024 überhaupt nicht der Fall. Michigan und Ohio sind ein Beispiel dafür. Trump hat unsere bevorzugten Kandidaten unterstützt. Und eine Unterstützung von Trump in einer republikanischen Vorwahl ist ziemlich entscheidend für den Erfolg eines Kandidaten.

Sprechen wir über das Fundraising. Die Republikaner liegen auf allen Ebenen weit hinter den Demokraten zurück – ob im Rennen um die Präsidentschaft oder um Kongresssitze. Die finanzielle Krise ist umfassend. Was sind die Gründe dafür?

Warum das so ist? Wir haben die richtigen Kandidaten, die in jedem dieser Staaten gut positioniert sind, wir haben Rückenwind dank den Themen, über die sich die Amerikaner Sorgen machen, wie die Einwanderung und die Inflation. Wir haben einen demokratischen Präsidenten, der die niedrigste Zustimmungsrate aller Präsidenten der letzten elf Jahre bei den Wahlen hat. Seine Zustimmungsrate ist um 17 Prozentpunkte gesunken. George H. W. Bush, der abgewählt wurde, lag 185 Tage nach der Wahl 7,5 Prozentpunkte zurück.

Also: Warum die massiven Geldprobleme?

All diese Dinge sprechen für uns. Aber richtig, was nicht zu unseren Gunsten ist und was den Demokraten potenziell helfen wird, die Vorteile, die wir in diesem Zyklus haben, auszugleichen, ist das Geld. Der durchschnittliche demokratische Amtsinhaber verfügt über fast 11 Millionen Dollar an Bargeld, während der republikanische Herausforderer etwas mehr als 2 Millionen Dollar zur Hand hat. Und Geld ist, wie man so schön sagt, die Muttermilch der Politik. Das ist also ein strategischer Nachteil für die Republikaner.

Aber wie kommt es dazu? Die Republikanische Partei gilt doch als Partei der Wirtschaft, als eine finanzstarke Partei?

Da gibt es ein paar Faktoren. Erstens hat ein bisheriger Amtsinhaber fast immer mehr Geld. Ein Teil davon ist also der Tatsache geschuldet, dass wir die Herausforderer sind. Wir würden also erwarten, dass die Demokraten mehr Geld haben, aber nicht so viel mehr. Das stimmt. Obwohl ungefähr gleich viele Amerikaner Republikaner und Demokraten wählen, erhalten die Demokraten dreimal so viele Geldspenden wie die Republikaner. Und jetzt die Frage nach dem Warum. Erstens war das nicht immer der Fall. Die Republikaner waren die Ersten, die das Direktmarketing beherrschten. Und das verschaffte uns lange einen mächtigen Vorteil bei den Kleinspenden. Und dann hat Trump 2016 mit digitalem Fundraising einen phantastischen Job gemacht. Aber die Demokraten haben sich schneller als die Republikaner an die neue Technologie im digitalen Fundraising angepasst und haben ihre Spenderbasis damit ausgebaut. Zweitens liegt es an der Art unserer Geldgeber.

Es gibt eine Neuausrichtung in der amerikanischen Politik. Früher waren die Republikaner die Partei der gebildeten und wohlhabenden Schicht, die 20 Prozent Einkommensstärksten haben mehrheitlich für die Republikaner gestimmt, die 20 Prozent Einkommensschwächsten für die Demokraten. Das war ein halbes Jahrhundert lang eine Binsenweisheit in der amerikanischen Politik. Das ist nicht mehr wahr. Die Republikanische Partei ist jetzt die Partei der Arbeiterklasse. Und die Elite wählt die Demokraten. Das sind oft jüngere, wohlhabende, alleinstehende oder verheiratete Menschen ohne Kinder. Sie haben also eine Wählerbasis, die ein weitaus grösseres verfügbares Einkommen hat, um es in politische Kampagnen zu investieren. Das ist ein Nachteil für die Republikaner. Deshalb bewegen wir uns von den grossen Geldgebern hin zu mehr individuellen Spenden. Unsere Basis sind Kellnerinnen und Schweisser, die von der Hand in den Mund leben. Sie haben nicht das Geld, um eine politische Kampagne zu unterstützen.

Aber ist die knappe Kasse nicht auch ein Zeichen, dass es für die Republikaner schwer ist, über ihre Kernwähler hinaus zu mobilisieren, was in den Wahlen matchentscheidend ist?

Nein, das glaube ich nicht. Es ist doch immer die Basis, die Geld gibt, das ist bei beiden Parteien so. Aber die Demokraten haben dank ihrer digitalen Technologie einen inhärenten Vorteil, vor allem seit die Inflation Wähler mit niedrigerem Einkommen belastet. Und jetzt ist es wirklich schwer für uns aufzuholen, denn inzwischen haben Apple und Google die Datenschutzrichtlinien geändert. Die Effizienz des Facebook-Marketings ist im Keller. Das Tool steht uns nicht mehr in gleicher Weise zur Verfügung wie den Demokraten am Anfang.

In sechs Monaten sind die Wahlen. Sie brauchen also eine sehr schnelle Lösung. Haben Sie die?

Ich wünschte, ich hätte eine perfekte Antwort auf diese Frage. Ich kann Ihnen sagen, dass das NRSC aufgeholt hat, wir haben fast gleich viel Geld wie das Democratic Senatorial Campaign Committee (DSCC). Unser Komitee sammelt jetzt online und digital mehr Kleinspenden ein als unser demokratisches Gegenstück. Aber bei den Kampagnen und den Kandidaten gibt es immer noch ein Missverhältnis. Und wenn man das Präsidentschaftsrennen mitzählt, haben die Demokraten insgesamt viel mehr Geld. Die Demokraten haben zu diesem Zeitpunkt 215 Millionen Dollar, die sie für Senatswahlen ausgeben können. Die Republikaner haben 115 Millionen.

Dafür spielen einige Themen, welche die Wählerinnen und Wähler derzeit beschäftigen, den Republikanern in die Hände. Zum Beispiel die Gaza-Proteste. Auf der NRSC-Website haben Sie eine Videokampagne aufgeschaltet, die demokratische Senatoren als Sympathisanten der propalästinensischen Proteste attackieren. Sie gehen da voll rein.

Ganz genau. Und die Demokraten in Teilstaaten wie Pennsylvania und Montana versuchen verzweifelt, vor diesen Demonstranten davonzulaufen, gleichzeitig sind aber die Jungen eine wichtige Basis für ihre Partei. Das bringt die etablierten Demokraten in eine sehr unangenehme Lage. Und diese Demonstranten werden in erster Linie als reiche, weisse, verwöhnte Kinder angesehen, die den Unterricht stören und in einigen Fällen antisemitisches Gedankengut teilen. Es ist ein politisches Geschenk an die Republikaner.

Sie zählen darauf, dass unabhängige Wähler wegen der Proteste Republikaner wählen?

Nevada und Pennsylvania sind wichtige Teilstaaten im Rennen um die Senatsmehrheit. In beiden Staaten gibt es eine substanzielle jüdische Wählerschaft. Die Demokraten haben traditionell die grosse Mehrheit der jüdischen Stimmen in den USA gewonnen. Aber das moralische Versagen der Demokraten, klar auf der Seite Israels zu stehen und den Antisemitismus anzuprangern, bringt sie in politische Schwierigkeiten. Sie erscheinen in dieser Frage moralisch bankrott.

Und das kann deshalb relevant werden, weil die Wahlen in den Swing States oft durch Bruchteile von Prozentpunkten entscheiden werden?

Genau, Wahlen in den USA gewinnt man mit winzigen Margen.

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