WOLODYMYR SELENSKYJ IM BUNDESTAG: BSW WILL NICHT KLATSCHEN »FüR JEMANDEN, DER DEUTSCHLAND IN EINEN WEITEREN WELTKRIEG TREIBT«

Bei der Rede von Wolodymyr Selenskyj im Bundestag blieben Abgeordnete von BSW und AfD fern. Vertreter beider Parteien verteidigen ihr Verhalten und ätzen gegen den »Redner im Tarnanzug«. SPD, CDU und Linke sind empört.

Das russlandfreundliche Bündnis Sahra Wagenknecht hat gemeinsam mit der AfD die Bundestagsrede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj boykottiert. Nun verteidigt der BSW-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst das Vorgehen. Er wolle damit sowohl gegen die Ukrainepolitik der Ampelregierung protestieren, als auch gegen die aus seiner Sicht einseitige Haltung von Selenskyj, der nicht die Meinung der Mehrheit der Ukrainer vertrete.

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Ernst kritisierte im Gespräch mit dem Nachrichtensender WELT TV, dass nun auch deutsche Waffen in Russland eingesetzt werden dürften. Das mache die Welt unsicherer, »weil die Russen ja in irgendeiner Form darauf reagieren werden.« Es drohe eine Eskalation. »Ich möchte mich nicht zum Klatschen gezwungen fühlen für jemanden, der Deutschland – Europa – in einen weiteren Weltkrieg treibt. Da habe ich keine Lust zu.«

Ernst sieht in diesem Vorgehen seiner Partei kein Zeichen von mangelndem Respekt für das ukrainische Volk. »Das Leid der Menschen in der Ukraine höre ich jeden Tag zehnmal im Radio und sehe es im Fernsehen«, sagte Ernst. »Ich sehe allerdings auch die andere Seite. Ich sehe die vielen ukrainischen Männer, die keine Lust mehr haben auf diesen Krieg, in der Bundesrepublik sind, weil sie sich dem Krieg entziehen.« Er brauche sich dazu nicht eine Rede Selenskyjs anzuhören »seine einseitige Position in dieser Frage, die nicht mehr von vielen Ukrainern geteilt wird«.

Von den 77 AfD-Abgeordneten bleiben alle bis auf vier der Rede fern. »Wir lehnen es ab, einen Redner im Tarnanzug anzuhören«, teilten die Fraktionschefs Alice Weidel und Tino Chrupalla mit. »Die Bundesregierung sollte ihm keine Bühne für Wiederaufbaubettelei geben. Die Bürger zahlen mehr als genug für Militärhilfe, EU-Hilfe und Bürgergeld für Ukrainer.« Die Ukraine brauche einen verhandlungsbereiten Friedenspräsidenten.

Von anderen Parteien kam scharfe Kritik. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte der »Rheinischen Post«: »Wahrscheinlich hat der Kreml das Fernbleiben angeordnet. Ich habe selten eine solche Respektlosigkeit erlebt.« Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), sagte: »Damit unterstreichen AfD und BSW einmal mehr ihre Verachtung für die Opfer des russischen Angriffskriegs.« Der Linken-Politiker Dietmar Bartsch kritisierte seine ehemalige Fraktionskollegin Wagenknecht und nannte das Verhalten ein »Unding«: Wie auch immer man zu Selenskyj oder zu Waffenlieferungen stehe, in der Demokratie gehe es darum, zumindest zuzuhören, und nicht darum, Aufmerksamkeit zu erregen, sagte er.

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