POLITISCHER ABLEGER VON TüRKISCHER HISBOLLAH WILL VERFASSUNGSäNDERUNG

Verfassungsänderung

Politischer Ableger von Türkischer Hisbollah will Verfassungsänderung

Die der Türkischen Hisbollah nahestehende Hüda Par will den Artikel 4 der Verfassung abschaffen. Dann könnte auch die Staatsform geändert werden.

Ankara – Die islamistische Hüda Par gehört zu den Partnern der Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Vier Mitglieder der Partei konnten sogar nach der Türkei-Wahl 2023 sogar ins Parlament einziehen, weil sie auf die Liste von Erdogans AKP gesetzt wurde. Möglich machte das eine Allianz mit der Hüda Par, die eine Unterstützung der Islamisten für Erdogans Regierung garantierte. Jetzt bereitet der Regierungspartner Probleme für die Erdogan-Regierung.

„Ich habe es so erklärt, wie man es Trotteln erklärt, aber sie haben es nicht verstanden. Lassen Sie es mich so sagen, dass auch sie es verstehen können. Wir wollen Artikel 4 der Verfassung nicht“, hatte der Chef Hüda Par, Zekeriya Yapicioglu, in einer TV-Sendung gefordert.

Der Artikel besagt: „Die Vorschrift des Artikels 1 der Verfassung über die Republik als Staatsform sowie die Vorschriften über die Prinzipien der Republik in Artikel 2 und diejenigen des Artikels 3 sind unabänderlich, das Einbringen eines Änderungsvorschlages ist unzulässig.“

Artikel 4 ist ein Grundpfeiler der Verfassung in der Türkei

Der Artikel 4 ist ein Grundpfeiler des türkischen Staates, die eine Veränderung der ersten drei Artikel verbietet. Auch ist ein Vorschlag der Änderung der ersten drei Artikel in Artikel 4 der türkischen Verfassung verboten. Damit sind verschiedene Forderungen in der Türkei unmöglich.

Dazu zählt eine Unabhängigkeit der kurdischen Regionen, die Gleichstellung der kurdischen Sprache mit der türkischen oder die Forderung von Islamisten nach einer Scharia ebenfalls. Seit Jahren hatten kurdische Politiker für die Gleichstellung ihrer Sprache und Kultur in dem Land vergeblich gekämpft.

  • Artikel 1 — Der Staat Türkei ist eine Republik.
  • Artikel 2 — Die Republik Türkei ist ein im Geiste des Friedens der Gemeinschaft, der nationalen Solidarität und der Gerechtigkeit die Menschenrechte achtender, dem Nationalismus Atatürks verbundener und auf den in der Präambel verkündeten Grundprinzipien beruhender demokratischer, laizistischer und sozialer Rechtsstaat.
  • Artikel 3 — Der Staat Türkei ist ein in seinem Staatsgebiet und Staatsvolk unteilbares Ganzes. Seine Sprache ist Türkisch. Seine Flagge, deren Form durch Gesetz bestimmt wird, ist die rote Flagge mit weißem Halbmond und Stern. Seine Nationalhymne ist der „Unabhängigkeitsmarsch“. Seine Hauptstadt ist Ankara.

Opposition lehnt Verfassungsänderung in der Türkei ab

Die Opposition schäumt vor Wut über die Forderung der Hüda Par. „Die ersten drei Artikel der Verfassung definieren die Staatsform, die Merkmale der Republik, die Hauptstadt, die Flagge, die Sprache und die einheitliche Struktur. Mit welchem dieser Artikel haben Sie ein Problem, sodass Sie den Artikel 4, der ihr Schutzschild ist, abschaffen wollen“, schrieb der Fraktionsvorsitzende er CHP, Murat Emir, auf der Online-Plattform X.

Erdogan sieht kein Änderungsbedarf in der Türkei

Auch Erdogan hat sich inzwischen in die Diskussion eingeschaltet. „Von unserer Seite gibt es keine Diskussion über die ersten vier Artikel der Verfassung“, sagte der türkische Präsident in seiner Rede vor Investoren. Vor allem seine Allianz habe diese Probleme nicht, zu der allerdings auch die Hüda Par gehört. Damit sind Probleme unter den Partnern von Erdogan vorprogrammiert. Der Deal mit der Hüda Par hatte schließlich auch dunkle Seiten.

Nach einem Bericht der türkischen Zeitung Sözcü unter Berufung auf das Justizministerium hatte es 295 Mitglieder der Terrororganisation Hisbollah in den Gefängnissen gegeben. 273 der Inhaftierten seien allerdings zwischen 2018 und 2021 wieder entlassen worden sein, schrieb das Blatt. Yapicioglu hatte mehrfach Sympathien für die Türkische Hisbollah (Türkisch: Hizbullah) gezeigt. „Für mich ist die Hisbollah keine Terrororganisation. Wenn sie angegriffen wurde, hat sie sich verteidigt. Und wenn die Angriffe aufgehört haben, dann hat sie es nicht mehr gemacht.“ Zahlreiche Morde sollen auf das Konto der Türkischen Hisbollah gehen.

Allein 183 Morde sollen von 58 der entlassenen Hisbollah-Mitglieder verübt worden sein. Parteichef Yapicioglu war zudem der Rechtsanwalt der inhaftierten Männer. Der Kampf der Türkischen Hisbollah richtete sich vor allem gegen Journalisten, Vertreter des türkischen Staates sowie die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK an.

Hüda Par ist auch in Deutschland aktiv

Auch in Deutschland ist die mit der Türkischen Hisbollah sympathisierende Hüda Par im Vorfeld der Türkei-Wahl 2023 aktiv gewesen. In Hamburg und in Wiesbaden hatten Mitglieder der Hüda Par Wahlkampfveranstaltungen abgehalten.

Die Türkische Hisbollah ist allerdings nicht mit der schiitischen im Libanon gleichzusetzen. „Anfang der 1980er-Jahre bildeten sich unter sunnitischen Kurden in der Türkei Gruppierungen heraus, die für die Errichtung einer auf strikter Befolgung von Koran und Scharia gegründeten, von ihnen so bezeichneten ‚islamischen Herrschaft‘ eintraten und sich gegen den säkularen türkischen Staat wandten. Aus einer dieser Gruppierungen entwickelte sich die Hizbullah (Partei Gottes)“, heißt es in einem Kurzporträt des Verfassungsschutzes in NRW. (erpe)

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