NAHOST: ISRAEL SCHLIEßT GRENZüBERGäNGE – GAZASTREIFEN VON HILFSLIEFERUNGEN ABGESCHNITTEN

Die israelische Armee hat den Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen besetzt. Tausende von Palästinensern sind auf der Flucht vor der drohenden Offensive.

Israelische Soldaten haben am Dienstagmorgen die Kontrolle über den Grenzübergang Rafah übernommen. Der Übergang zwischen Ägypten und dem Gazastreifen ist das wichtigste Nadelöhr für humanitäre Hilfe in dem Küstenstreifen. Die israelischen Streitkräfte erklärten, dass er bis auf Weiteres geschlossen bleibe. Den zweiten wichtigen Knotenpunkt für Hilfslieferungen, den Übergang Kerem Shalom zwischen Israel und dem Gazastreifen, machte die Armee ebenfalls dicht.

Von der Armee verbreitete Aufnahmen zeigten, wie Panzer mit wehenden israelischen Flaggen auf den einzigen Grenzübergang für die Palästinenserinnen und Palästinenser in Gaza rollten. Der Übergang liegt im Ostteil der Stadt Rafah, wo rund eine Million Palästinenser Zuflucht vor dem Krieg im Rest des Gazastreifens gesucht haben.

Am Montag hatte die Armee rund 100.000 Einwohner und Vertriebene aufgefordert, das Gebiet um Ost-Rafah zu verlassen. Einwohner berichteten in der Nacht von schweren Luftangriffen. Nach Angaben von palästinensischen Helfern sind durch die Angriffe der vergangenen Tage mehr als dreißig Menschen umgekommen und Dutzende verletzt worden. Die Armee tötete eigenen Angaben zufolge zwanzig Hamas-Kämpfer und entdeckte drei Tunnelschächte.

Nach Angaben der israelischen Armee handelte es sich bei den Einsätzen jedoch noch nicht um die geplante Großoffensive. Vielmehr sei es eine „präzise Antiterror-Operation“ gegen die Hamas und ihre Stellungen, erklärten die Streitkräfte. Am Sonntag hatte die radikalislamische Hamas mehrere Raketen auf einen Armeestützpunkt nahe Kerem Shalom abgeschossen, wodurch vier Soldaten getötet und zehn weitere verletzt worden waren. Am Dienstag feuerte sie erneut mehrere Granaten in Richtung der Basis ab.

Die Bevölkerung trifft die Schließung der Übergänge von Rafah und Kerem Shalom hart. Seit Beginn des Kriegs vor sieben Monaten kamen zeitweise über Wochen hinweg so gut wie keine Lebensmittel oder Medikamente in das Kriegsgebiet. Erst unter dem Druck des amerikanischen Präsidenten Joe Biden lenkte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ein.

UN beklagt Hungersnot im Norden des Gazastreifens

Im Norden des Gazastreifens herrscht nach Angaben des Welternährungsprogramms (WFP) mittlerweile eine Hungersnot. In den UN-Lagern gebe es nur sehr geringe Vorräte, sagte Jens Laerke, Sprecher des UN-Koordinationsbüros in Genf.

Mit Autos, auf Eselskarren oder zu Fuß ergriffen Tausende von Palästinensern aus Rafah und Umgebung am Montag und Dienstag die Flucht. Aufnahmen arabischer Fernsehsender zeigten völlig verstopfte Straßen. Immer wieder sagten die Palästinenser, sie wüssten nicht, wohin sie fliehen sollen. Nirgendwo gebe es Platz und nirgendwo sei es sicher.

Israels Verbündete hatten Netanjahu in den vergangenen Wochen nachdrücklich vor der geplanten Offensive gewarnt. Diese Haltung unterstrichen sie auch am Montag. Biden betonte seine Ablehnung in einem Telefongespräch mit Netanjahu. Dabei habe Netanjahu dem Präsidenten versichert, dass Kerem Shalom für humanitäre Hilfe offen bleibe, teilte das Weiße Haus mit.

Netanjahu lehnt Hamas-Vorschlag ab

Der israelische Regierungschef ließ Biden erneut abblitzen. Das galt auch für eine mögliche Einigung mit der Hamas über die Freilassung von Geiseln und palästinensischen Gefangenen sowie einen Waffenstillstand.

Die Hamas teilte am Montagabend mit, sie habe dem von Katar, Ägypten und den USA vermittelten Vorschlag zugestimmt. Der Vorschlag der Hamas weicht jedoch von dem Text ab, den die Vermittler erarbeitet hatten. Er enthaltene ein paar geringfügige Änderungen, berichtete die „New York Times“ unter Berufung auf amerikanische Regierungsvertreter. Die Änderungen seien von den arabischen Vermittlern in Absprache mit CIA-Direktor William Burns gemacht worden, so das Blatt weiter. Burns hält sich seit vergangener Woche zu Vermittlungen in der Region auf.

Die israelische Regierung lehnte den Hamas-Vorschlag umgehend ab. Er sei weit von dem entfernt, was für Israel akzeptabel sei, erklärte Netanjahu nach einer Sitzung des Kriegskabinetts. Er stimmte jedoch der Entsendung einer hochrangigen Verhandlungsdelegation nach Ägypten zu. „Die Operation in Rafah wird fortgesetzt, um militärischen Druck auf Hamas auszuüben, damit sie unsere Geiseln freilässt, und die anderen Kriegsziele zu erreichen“, teilte sein Büro mit.

Dass dies gelingt, ist unwahrscheinlich. Die Hamas hat sich dem militärischen Druck bisher nicht gebeugt.

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