NACH EINEM TAG ABGEBAUT – LANDRATSAMT ENTFERNT AUSSTELLUNG üBER FLüCHTLINGE

Im sächsischen Pirna sollte eine Ausstellung im Landratsamt die Fluchtgeschichte von Migranten nachzeichnen. Nach nur einem Tag wird sie wieder abgebaut. Die Werke hätten „polarisiert“, die Stimmung sei „aufgeheizt“ gewesen. Die Grünen sind empört.

Das Landratsamt Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hat mit dem vorfristigen Abbau einer Ausstellung zu Flüchtlingsschicksalen teils heftige Reaktionen losgetreten. Die Behörde hatte in der vergangenen Woche nach Beschwerden entschieden, die Präsentation in Pirna noch vor der offiziellen Eröffnung zu stoppen. Die Ausstellung, bestehend aus Fotos und Texten von Migranten im Erzgebirge, wurde nur einen Tag nach dem Aufbau wieder abgebaut, die für den 25. September geplante Vernissage abgesagt.

Wie die „Sächsische Zeitung“ schrieb, stammen die Urheber der Ausstellung „unter anderem aus Syrien, Afghanistan und aus afrikanischen Ländern“ und hätten von ihrem Leben in Deutschland, Fluchterfahrungen und den Fluchtursachen berichtet. Mit den 37 Porträts und Geschichten werde um Verständnis geworben für die teils schwierige Situation von Flüchtlingen, deren Start in Deutschland nicht immer leicht sei.

Aus dem Landratsamt hieß es, man habe „zu keiner Zeit“ ein positives Feedback „zu den zahlreichen negativen Äußerungen der in unserem Land Schutzsuchenden“ erhalten. „Insofern war die Ausstellung aus unserer Sicht nicht geeignet, Vorurteile abzubauen, wie im Vorfeld kommuniziert, sondern vielmehr diese noch zu verstärken.“ Daher habe man vom Hausrecht Gebrauch gemacht und den sofortigen Abbau veranlasst. Fotos und Texte seien sicher in Räumen der Landkreisverwaltung verwahrt worden.

Grüne sprechen von „Zensur eines öffentlichen Diskurses“

Die Ausstellung war vom Flüchtlingsunterstützerkreis aus dem erzgebirgischen Schwarzenberg konzipiert worden. Zwei Tage nach dem Abbau, am vergangenen Freitag, informierte das CDU-geführte Landratsamt die Initiatoren über den Vorgang. Kritik daran gab es unter anderem von den sächsischen Grünen. „Das Handeln des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge stellt eine Zensur eines öffentlichen Diskurses dar“, erklärte die Co-Vorsitzende der Partei in Sachsen, Christin Furtenbacher.

Die Ausstellung müsse umgehend wieder aufgebaut und wie geplant im Rahmen der Interkulturellen Wochen gezeigt werden, sagte sie. Unverständnis äußerte auch Geert Mackenroth, CDU-Landtagsabgeordneter und Ausländerbeauftragter des Freistaats, wie der MDR berichtete.

In der Präsentation publizierte Äußerungen hätten „Unmut und Unverständnis von Bürgern und Mitarbeitern des Landratsamtes“ hervorgerufen, begründete das Landratsamt in Pirna das Vorgehen. Sie hätten „bereits in den ersten Stunden nach ihrem Aufhängen“ polarisiert und „für eine aufgeheizte Stimmung unter den anwesenden Betrachtern“ gesorgt. Als Beispiele nannte die Behörde unter anderem Aussagen von Migranten wie „Wir sind eingesperrt wie hinter einer Mauer“ oder „Ich habe kein Leben in Deutschland“.

Laut dem MDR soll das Landratsamt in seiner Begründung „einzelne Schilderungen“ herausgegriffen haben. Darunter auch Polizei-Erfahrungen wie „(…) dass du nur kontrolliert wirst, weil du schwarz bist“. Die Landkreisbehörde sprach von Beschwerden, die deshalb eingegangen seien – um welche Art von Beschwerden oder in welcher Quantität diese auftraten, ist bisher nicht bekannt.

Die Ausstellung war zuvor bereits an mehreren Orten in Sachsen gezeigt worden, darunter im Landtag in Dresden. Der Flüchtlingsunterstützerkreis kritisierte den Abbau als „ungeheuerlichen Vorgang“. Der „Sächsischen Zeitung“ sagte Mit-Initiatorin Lenore Lobeck, „überall, wo die Ausstellung bislang zu sehen war, ist ihr Kern erkannt und sie so gelesen worden, wie sie gemeint ist“.

Auch die Grünen-Politikerin Furtenbacher betonte: „Wir sind ernsthaft besorgt über ein derart massives Eingreifen des Staates in die Meinungsfreiheit.“ Die Ausstellung soll ihr zufolge einen Beitrag zur Akzeptanz und Integration von in Deutschland lebenden Geflüchteten leisten, indem sie sich mit der Lage dieser Menschen auseinandersetzt.

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