VERLORENE HOFFNUNG: UKRAINE HAT GEGEN PUTIN ZWEI DRITTEL IHRER ABRAMS-PANZER EINGEBüßT

Horrende Verluste

Verlorene Hoffnung: Ukraine hat gegen Putin zwei Drittel ihrer Abrams-Panzer eingebüßt

Der einst als „Gamechanger“ apostrophierte Abrams M1A1-Panzer hat gegen Wladimir Putin maßlos enttäuscht. Lediglich rund zehn Stück sind noch übrig.

Kiew – „Für die westlichen Panzerbauer war immer von höchster Wichtigkeit, dass das Einzelfahrzeug auf dem Gefechtsfeld so lange wie möglich überlebt; wenn es ausgeschaltet wird, dass es möglichst schnell wieder einsatzfähig gemacht werden kann; und dass innen drinnen die Besatzung auch leistungsfähig bleibt“, erklärt Ralf Raths auf seinem YouTube-Kanal. Der Historiker und Direktor des Deutschen Panzermuseums in Celle hat damit genau beschrieben, welche Schwierigkeiten der von den USA gelieferte Superpanzer im Ukraine-Krieg macht; und zwar weniger dem Gegner Wladimir Putin, sondern der Ukraine. Der gehen die Abrams M1A1 langsam aus – weil er das ist, was er ist.

Das Military Watch Magazin meldet aktuell, dass der Bestand an Abrams-Panzern rapide zur Neige gehe. Dem Magazin zufolge wiederhole sich damit eine Periode hoher Verluste von Ende Februar bis Mitte April dieses Jahres. Offenbar hatten ihnen Drohnen-Angriffe schwer zugesetzt, weshalb sie aus der Front genommen worden waren, um den Schutz zu erhöhen. Mehr als 20 der 31 an die Ukraine gelieferten US-amerikanischen Kampfpanzer gelten mittlerweile als zerstört, außer Gefecht gesetzt oder erbeutet, so Military Watch.

Alltag im Ukraine-Krieg: Horrende Panzer-Verluste durch Drohnen-Armee

„Die meisten auf Filmen in sozialen Netzwerken festgehaltenen Abschüsse wurden durch gelenkte Artillerie oder Einweg-Kamikaze-Drohnen erzielt, während ein Abschuss bestätigt wurde durch einen russischen T-72B3-Panzer, nachdem die beiden aufeinander geschossen hatten“, schreibt das Magazin. Der Fehler – auch des Abrams – liegt im System beziehungsweise in den unterschiedlichen Denkweisen, die dem östlichen und westlichen Panzerbau zugrunde liegen. Russische Panzer, die auch von der Ukraine eingesetzt werden, sind klein, leicht, und ihr Verlust leicht zu verschmerzen. Das galt in der Sowjetunion mitunter sogar für die Besatzungen.

„Ohne Panzer müsste sich eine Armee, die in einen groß angelegten Bodenkrieg verwickelt ist, auf gepanzerte Mannschaftstransportwagen und Schützenpanzer verlassen, um dieselbe Rolle zu erfüllen, was zu einem höheren Prozentsatz katastrophaler Verluste führen würde.“

Robert Lee, Atlantic Council

Die Ostblock-Panzer sind Einweg-Ware, Wegwerf-Panzer. Das unterscheide sie von den in der Nato verwendeten Modellen, sagt Raths. Das Gefechtsfeld habe sich auch entsprechend verändert – dadurch, dass beide Seiten massenhaft Drohnen zur Aufklärung nutzten, sei der Boden transparent geworden. Die Washington Post zitiert ukrainische Quellen, die von Schwierigkeiten berichten, Freund und Feind am Himmel zu unterscheiden, „da etwa 100 russische und ukrainische Aufklärungs- und Angriffsdrohnen gleichzeitig in einem Umkreis von zehn Kilometern operieren könnten“, wie das ISW unter Berufung auf die Post schreibt.

Allein die enorme Größe der Fahrzeuge habe Berichten zufolge dazu geführt, dass sie besonders starkem Beschuss ausgesetzt waren. Tarnen und Täuschen seien wieder zu den Generaltugenden einer modernen Armee zu zählen, erklärte beispielsweise Oberstleutnant Martin Winkler, Leiter des Sachgebietes „Auswertung“ im Kommando Heer, im Bundeswehr-Podcast Nachgefragt. Bei den Einsätzen beispielsweise in Afghanistan oder Mali waren Armeen im Gegenteil darum bemüht, wie Winkler sagte, „offen Präsenz zu zeigen und zu stabilisieren“. Für diese Zeit war der Abrams gebaut und überragt dadurch heute seine Gegner wie beispielsweise den T-80. Das gereicht ihm inzwischen zum Nachteil.

Die neue Transparenz: Offensiven mit Abrams-Panzern finden keine Deckung

In der ersten Periode übermäßiger Verluste hatte das US-Verteidigungsministerium noch angeboten, mit Taktik-Unterricht nachzuschärfen, wie der britische Guardian berichtet hatte. Schließlich war der Abrams nicht nur von technischen Hindernissen ausgebremst worden. Offenbar hatten die Ukrainer das Gefecht der verbundenen Waffen nicht internalisiert, oder ihnen fehlten schlichtweg die Kräfte zum Kombinieren. Mit der Dominanz der Drohnen hatte allgemein die Taktik allerdings mehr Gewicht bekommen. Die Verbreitung von Drohnen habe bedeutet, dass „es kein offenes Gelände mehr gibt, über das man einfach fahren kann, ohne Angst haben zu müssen, entdeckt zu werden“, wie der Guardian einen hochrangigen US-Militär im April zitierte. Auch das ist mittlerweile noch schlimmer geworden.

„Das Muster, dass eine Seite einen flüchtigen technologischen Vorteil nutzt, um unmittelbare Bodenoperationen zu unterstützen, solange diese andauern, wird wahrscheinlich zu einem charakteristischen Merkmal dieser Art von Konflikten werden“, hatte das Institute for the Study of War (ISW) geschrieben. Spätestens zu dieser Zeit mag sich der Abrams-Panzer in der Ukraine und auf dem dort einzigartigen Gefechtsfeld überlebt haben – offenbar eine Gemeinsamkeit der West-Panzer. Auch dem deutschen Leopard sowie dem britischen Challenger rollte ein Nimbus voraus, dem sie nur schwerfällig hinterher rasseln konnten.

Gewinner der Kursk-Offensive: Marder und Bradley-Panzer – die wirkliche Bedrohung Russlands

Offensichtlich haben möglicherweise lediglich die Marder- sowie die Bradley-Schützenpanzer erfüllt, was sich die Ukraine von den westlichen Systemen versprochen hatte. Allerdings hatten sich die ukrainischen Panzertruppen Kritik an ihrer Taktik verbeten. Das Magazin Forbes berichtete Ende Mai, das ukrainischen Militärs wäre es leid gewesen, die USA um die Nachrüstung von deren Panzern zu bitten. Genau wie die Gegenseite hatten sie begonnen, improvisierte Drahtverhaue auf den Panzerstahl zu schweißen, um die Wucht von Kamikaze-Drohnen auf die Türme oder die Flanken zu entschärfen.

In der Schlacht um Awdijiwka waren die Verluste offenbar so signifikant, dass die Ukraine anfing, die Panzer aus der vordersten Linie abzuziehen, wie Forbes schrieb. Die 47. Mechanisierte Brigade schicke M-1-Panzer nur dann los, wenn die Möglichkeit bestehe, „hinauszugehen und die Fahrzeuge des Gegners zu zerstören“, wie das Magazin einen Panzerfahrer zitierte. Das hätte demnach geheißen, dass die M-1-Panzer nicht in einer Stellung in den äußersten Schützengräben in Stellung gingen und auf einen Angriff der Russen warteten, sondern vielmehr als eine Art Reaktionstruppe hinter der Front einer Gegenoffensive geharrt hätten.

Kampfpanzer sind überholt: Ukraine düpiert Putin bei Kursk mit Guerilla-Offensive

Vor rund einem Jahr hatte der Thinktank Atlantic Council das Für und Wider schwerer Kampfpanzer gegeneinander abgewogen. Befürworter sprechen allein dem Panzer die Fähigkeit zu, gegnerische Linien zu durchbrechen oder feindliches Terrain halten zu können. Allerdings exerziert die Ukraine im Raum Kursk gerade eine andere Art der Kriegführung erfolgreich vor: „Durch überraschende Offensiven über die dünn bewachte Grenze kann die Ukraine einen Guerillakrieg auf operativer Ebene führen und damit ihre allgemeine Erschöpfungsstrategie unterstützen“, sagt Robert G. Rose.

„Ohne Panzer müsste sich eine Armee, die in einen groß angelegten Bodenkrieg verwickelt ist, auf gepanzerte Mannschaftstransportwagen und Schützenpanzer verlassen, um dieselbe Rolle zu erfüllen, was zu einem höheren Prozentsatz katastrophaler Verluste führen würde“, schreibt Rob Lee für das Atlantic Council. Der Analyst des Foreign Policy Research Institutes gibt sich als ausgesprochener Fürsprecher der Panzerwaffe.

Anzahl zu gering: Ukrainische Panzerwaffe kein wirklicher Gegner für Putin

Wobei Robert Rose aktuell schreibt, dass am Beispiel Kursk das schnelle und entschlossene Handeln auch infanteristischer Einheiten der Ukraine erst wieder Manövrierfähigkeit ermöglicht hätte. Möglicherweise hätte ein Angriff mit einem breiteren Panzerkeil keine so große Überraschung darstellen können wie der offensichtliche Vorstoß mit leicht gepanzerten und dafür schnelleren Verbänden.

Rose spricht davon, dass gerade eine schnelle und überraschende Offensive die Russen bei Kursk daran gehindert hat, Verteidigungslinien hochzuziehen oder sich im Falle eines Angriffes in Windeseile neu zu formieren, geschweige denn den Nachschub zu organisieren. Rose macht deutlich, dass die Ukraine mit ihrer beschränkten Panzerwaffe gar keine anderen Optionen hatte – vor allem aufgrund der kläglichen Zahl an westlichen oder im Besonderen an US-Panzern.

In der Operation Desert Storm sollen 2000 Abrams-Panzer involviert gewesen sein; plus rund 1000 in Reserve – und in einem Terrain von einer unendlichen Breite für jede gewünschte Ausdehnung eines Panzerkeiles. Für die Verhältnisse in der Ukraine ein schlecht geeignetes Beispiel, findet Autor Rose: „Es besteht ein tief verwurzeltes Missverständnis, dass ein Manöver mit einem mechanisierten Durchbruch mit verbundenen Waffen verbunden ist, das größtenteils auf den Mythos des Blitzkriegs zurückzuführen ist.“ 

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