TERMINATOR ZERSTöRT DEUTSCHE ENERGIEWENDE: SCHWARZENEGGER WARNT EUROPA

Kaliforniens Ex-Gouverneur und "Terminator" Arnold Schwarzenegger hat beim diesjährigen Austrian World Summit gegen die deutsche Energiepolitik ausgeteilt. Die vergangenen Jahre seien ein „großer Sieg für die Öl- und Fossile-Brennstoff-Industrie“ gewesen, weil ihr Absatz steigt, während einige Wind- und Solarprojekte ins Stocken geraten.

Deutschland habe sich das „ehrgeizige Ziel“ gesetzt, den CO₂-Ausstoß bis 2030 um 65 Prozent zu senken. „Das ist ein riesiges, unglaubliches Ziel“, räumte Schwarzenegger ein. Viele Windenergie-Projekte verzögerten sich aber aufgrund langwieriger Genehmigungsprozesse. „Sie haben Nein zu sauberer Energie gesagt und Ja zu Kohle und Erdgas, was die Welt noch mehr verschmutzt“, so der Ex-Gouverneur weiter.

Schwarzenegger kritisiert Atomausstieg: „Wie wollen sie die denn ersetzen?“

Auch den deutschen Atomkraftausstieg kritisierte Schwarzenegger scharf: „Obendrein haben sie die Kernkraftwerke geschlossen, die sechs Prozent der sauberen Energie geliefert haben. Wie wollen sie die denn ersetzen?“, fragte der gebürtige Österreicher während seiner Rede, die auch als Video auf YouTube zu sehen ist. „Sie wissen es tatsächlich nicht. Sie müssen die Kohle am Brennen halten. Und sie investieren 16 Milliarden Euro, um vier riesige Erdgasanlagen zu bauen.“

Weiter fragte Schwarzenegger: Wie könne man seinen Bürgern sagen, dass man sich in einer Notlage befinde, wenn man selbst zu größerer Umweltverschmutzung beitrage? Schwarzenegger verwies auf den US-Bundesstaat Kalifornien, wo die für 2024 geplante Schließung eines Atomkraftwerks gestoppt wurde. So könnten 9 Prozent des Strombedarfs in dem US-Bundesstaat mit sauberem Strom gedeckt werden.

Wäre Atomstrom wirklich eine gangbare Alternative?

Tatsächlich sehen einige europäische Länder Atomstrom als saubere Alternative zur auslaufenden Kohleverstromung. Während bei der Stromerzeugung in Atomkraftwerken kein CO₂ freisetzt, gestaltet sich die Suche nach einem Endlager für Atommüll allerdings weiter schwierig: Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle hat Deutschland mit dem Endlager Konrad in Salzgitter bereits ein genehmigtes Endlager, das ab Anfang der 2030er-Jahre in Betrieb gehen soll. Allerdings gibt es noch kein geeignetes Lager für hoch radioaktiven Atommüll. Ein solcher Standort müsste bestmögliche Sicherheit für eine Million Jahre gewährleisten können. Hochradioaktiver Atommüll, der vor allem aus verbrauchten Brennelementen aus Atomkraftwerken besteht, macht nur fünf Prozent der in Deutschland anfallenden radioaktiven Abfälle aus, ist aber für 99 Prozent der entstehenden Strahlung verantwortlich.

Frühere Versuche, einen Endlager-Standort für diese Abfälle zu finden, sind gescheitert, weshalb die Suche 2013 wieder auf Null gesetzt wurde, erklärt die Bundesgesellschaft für Endlagerung auf ihrer Website. Bis 2050 soll in Deutschland ein Endlager gefunden und eröffnet werden.

Obwohl einige europäische Länder aktuell neue AKW bauen oder in Zukunft bauen lassen wollen, zeigen einige dieser Projekte aus dem europäischen Ausland, das der Bau von Atomkraftwerken regelmäßig deutlich länger dauert als geplant und auch die Kosten deutlich höher ausfallen als zunächst veranschlagt. Das Atomkraftwerk Flamanville in der französischen Normandie soll etwa in diesem Sommer in Betrieb gehen – mit zwölf Jahren Verspätung. Auch die Kosten fielen höher aus: Statt 3,3 Milliarden soll das AKW nach Schätzungen des Rechnungshofs 19,1 Milliarden Euro gekostet haben.

Gaskraftwerke sollen der Versorgungssicherheit dienen

Die neuen Gaskraftwerke, auf die Schwarzenegger sich in seiner Rede bezieht, dienen zudem streng betrachtet nicht der Stromerzeugung: „Die Gaskraftwerke, die jetzt gebaut und in Zukunft gebaut werden müssen, werden nicht wegen der Stromerzeugung gebaut, sondern im Wesentlichen aus Versorgungssicherheitsgründen“, erklärt Felix Matthes, Forschungskoordinator für Energie- und Klimapolitik am Öko-Institut, im Gespräch mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). „Das sind Kraftwerke, die eine hohe Leistung haben, aber wenig betrieben werden. Das heißt, sie verbrauchen auch sehr wenig Erdgas.“

Diese Gaskraftwerke sollen in Zukunft eingesetzt werden, wenn die Erneuerbaren Energien einmal über längere Zeiten hinweg nicht ausreichend Strom produzieren. Aktuell sei der Gasverbrauch von Haushalten, die mit dem fossilen Brennstoff heizen, um ein Vielfaches höher als der Verbrauch von Gaskraftwerken, sagte Timm Kehler, Geschäftsführer des Lobbyvereins Zukunft Gas, dem MDR. „Wir gehen auch davon aus, dass durch einen deutlichen Ausbau der Gaskraftwerke der Gasverbrauch dort nicht unbedingt stark steigen wird, weil mit zunehmender Sonne- und Windstromproduktion die Gaskraftwerke auch weniger laufen müssen.“

Die Gaskraftwerke sollen in Zukunft zudem mit Wasserstoff laufen können. Das wird zwar ganz eigene Herausforderungen mit sich bringen – es handelt sich aber nicht um Kraftwerke, die nur wenige Jahre lang benutzt werden können. Im Vergleich dazu benötigen Atomkraftwerke deutlich länger, um herunter- beziehungsweise wieder hochgefahren zu werden. Bis ein AKW, das heruntergefahren wurde, wieder läuft, dauert es ein paar Tage, sagt Uwe Stoll von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Im Winter könne es zudem sein, dass zunächst der Kühlturm erhitzt werden muss, so Stoll. „Bei Isar 2 kennt ja jeder diesen riesigen Kühlturm. Wenn ich jetzt mitten im Winter bei minus 20 Grad bin, dann ist der Kühlturm eingefroren. So kann ich mein Kraftwerk nicht anfahren, also müsste ich mir irgendwas überlegen, wie ich erst mal den Kühlturm auftaue.“ Wenn dann alles optimal laufe, könne es auch bis zu einer Woche dauern, bis ein AKW wieder hochgefahren werden könnte. Für den Stand-by-Betrieb – wie im Falle eines Gaskraftwerks – sind Atomkraftwerke also nur sehr bedingt geeignet.

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