NAHOST-KONFLIKT: GAZA-PROTESTE AN UNIVERSITäTEN IN EUROPA WEITEN SICH AUS

Der Konflikt im Nahen Osten ist an europäischen Hochschulen angekommen. Für einige Stunden besetzen Aktivisten einen Hof der Freien Universität Berlin. Auch an anderen Universitäten gibt es Proteste.

Rund 150 propalästinensische Aktivisten haben am Dienstag zeitweise einen Hof der Freien Universität in Berlin besetzt. Die Polizei räumte am Nachmittag das Gelände. Zuvor hatte die Universität ein rasches Vorgehen angekündigt. „Die FU hat die Räumung angeordnet und die Polizei gerufen“, so eine Sprecherin.

Die Besetzer des Theaterhofes forderten Solidarität mit den Menschen in Gaza. Dafür bauten sie auch Zelte auf dem Gelände der Hochschule im Stadtteil Dahlem auf. „Wir besetzen die Freie Universität Berlin“, hieß es in einer Ansprache. Dies geschehe in Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Kritisiert wurde das Vorgehen der israelischen Armee in Gaza.

Das Gelände war von der Polizei zunächst abgesperrt und beobachtet worden, weitere Aktivisten wurden nicht durchgelassen. Am frühen Nachmittag wurden einzelne Gruppen demonstrierender Menschen vom Gelände begleitet. Schließlich wurde auch das Camp selbst geräumt. Nach mehrfachen Aufforderungen, das Gelände zu verlassen, begannen die Einsatzkräfte damit, einzelne Teilnehmerinnen und Teilnehmer abzuführen.

Die Hochschule stellte ihren Lehrbetrieb teilweise ein. „Diese Form des Protests ist nicht auf Dialog ausgerichtet. Eine Besetzung ist auf dem Gelände der FU Berlin nicht akzeptabel. Wir stehen für einen wissenschaftlichen Dialog zur Verfügung aber nicht auf diese Weise“, sagte Universitätspräsident Günter Ziegler in einer Mitteilung.

In Leipzig haben am Dienstagnachmittag mehrere Personen das Audimax der Universität besetzt. Einsatzkräfte der Polizei seien unterwegs, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen, teilte die Polizei auf Anfrage mit. Die Universität gab an, dass 50 bis 60 Besetzerinnen und Besetzer beteiligt seien.

Nach Angaben der Konferenz Sächsischer Studierendenschaften (KSS) handelt es sich hierbei um die Gruppe „Palestine Campus“. Demnach sollen sie auch Zelte auf dem Innenhof des Hauptcampus aufgeschlagen haben. Nach KSS-Angaben beteiligen sich auch andere Gruppen an der Aktion. Genauere Details waren zunächst nicht bekannt.

Die KSS forderte das Rektorat zur sofortigen Räumung des Audimax und des Protestcamps auf. „Das Rektorat der Universität Leipzig muss die Besetzung und das Protestcamp sofort beenden“, sagte KSS-Sprecher Paul Steinbrecher. Die Gruppen, die den Campus besetzen, seien in der Vergangenheit mit zutiefst antisemitischen Aussagen aufgefallen. Aktuell sei die Sicherheit von jüdischen und israelischen Studierenden und Mitarbeitenden akut gefährdet.

Proteste auch an weiteren Universitäten

An der Universität Wien haben Demonstranten am Dienstag den zweiten Tag in Folge in einem Protestlager ausgeharrt. Die Polizei riegelte das etwa 20 Zelte umfassende Camp im Haupthof der Uni ab. Das Protestlager befindet sich in der Nähe eines Denkmals für die im Holocaust ermordeten österreichischen Juden.

Die Universität sowie die Österreichische Hochschülerinnen- und Hochschülerschaft (ÖH) distanzierten sich von dem Protest. Die ÖH erklärte, unter den Organisatoren seien antisemitische Gruppen. Die Demonstranten bestritten dies.

Auch in Amsterdam, Helsinki und Kopenhagen protestierten Studierende. Die niederländische Polizei hat am Dienstagmorgen ein Lager propalästinensischer Aktivisten an der Universität von Amsterdam aufgelöst. Etwa 140 Menschen wurden vorübergehend festgenommen, wie die Polizei mitteilte. Zwei von ihnen befänden sich wegen des Verdachts, öffentliche Gewalt verübt zu haben, weiter in Gewahrsam.

Die Polizei teilte mit, sie habe das Lager geräumt, nachdem die Demonstranten der wiederholten Aufforderung, den Ort zu verlassen, nicht Folge geleistet hätten. Die Barrikaden hätten Rettungswege blockiert, so dass im Fall einer Katastrophe den Aktivisten möglicherweise nicht geholfen werden könne. Nach Angaben der Polizei war der Campus am Dienstagmorgen ruhig, aber die Beamten blieben in der Gegend präsent.

In der finnischen Hauptstadt Helsinki errichteten Dutzende Aktivisten der Gruppe „Studierende für Palästina“ ein Protestlager vor dem Hauptgebäude der Universität Helsinki. Teilnehmer der Protestaktion kündigten an, solange zu bleiben, bis die größte akademische Einrichtung des skandinavischen Landes ihre Beziehungen zu israelischen Universitäten abbreche.

Auch an der Universität Kopenhagen in Dänemark errichteten propalästinensische Demonstranten ein Camp. Etwa 45 Zelte wurden auf dem Rasen vor der Fakultät für Sozialwissenschaften aufgebaut. Die Fakultät befindet sich in einem alten städtischen Krankenhaus im Herzen der dänischen Hauptstadt.

Die Hochschulverwaltung teilte mit, Studentinnen und Studenten könnten auf dem Campus protestieren, rief sie aber dazu auf, sich an die Hausordnung zu halten. „Sucht den Dialog, nicht Konflikte und schafft Raum für andere Perspektiven als die eigene“, hieß es in einer Erklärung im Netzwerk X, dem früheren Twitter.

In der französischen Hauptstadt Paris hatten Studierendengruppen für Dienstag zu Versammlungen in Solidarität mit den Palästinensern aufgerufen.

An der Universität Bologna in Italien, einer der ältesten der Welt, errichteten studentische Aktivisten über das Wochenende ein Protestlager. Sie forderten ein Ende des Kriegs im Gazastreifen. Zu ähnlichen Protestaktionen kam es in Rom und Neapel. Sie blieben überwiegend friedlich.

In Valencia haben Dutzende Studentinnen und Studenten mehr als eine Woche in einem Protestlager auf dem Campus verbracht. Ähnliche Protestzeltlager wurden am Montag an der Universität Barcelona und der Universität des Baskenlandes errichtet. Eine Gruppe, die Studierende an den öffentlichen Universitäten der Hauptstadt Madrid vertritt, kündigte an, die Proteste gegen den Krieg in den kommenden Tagen zu verschärfen.

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