MäRKTE INSIGHT: INVESTOREN AN DEN AKTIENMäRKTEN HABEN ZUNäCHST EINE SORGE WENIGER

Die Renditen an den Anleihemärkten sind wieder gesunken. Finanzredakteurin Andrea Cünnen erklärt, warum die Entspannung bei Anleihen für die Aktienmärkte wichtig ist.

Es gibt Enttäuschungen, die von den Märkten positiv aufgenommen werden. Genau so war es am Freitag. Die Lage am US-Arbeitsmarkt hat sich eingetrübt, aber die Aktienmärkte sind gestiegen. Das ist eine gute Voraussetzung für die Börsen in der neuen Woche, in der nur wenige Konjunkturdaten anstehen. Von daher dürften die Arbeitsmarktdaten noch etwas nachwirken.

Im April wurden in den USA mit 175.000 Stellen weniger neue Jobs als im Vormonat geschaffen. Gleichzeitig kletterte die Arbeitslosenquote leicht von 3,8 auf 3,9 Prozent. Ökonomen hatten im Vorfeld einen deutlich größeren Stellenaufbau erwartet.

Trotzdem stiegen die Aktienmärkte nach der Veröffentlichung der Daten. In den USA gewann der S&P 500 als bedeutendster Leitindex der Welt knapp 1,3 Prozent. In Deutschland ging der Leitindex Dax mit einem Aufschlag von 0,6 Prozent bei 18.002 Punkten aus dem Handel.

Richtiges Maß an Enttäuschung

Christian Scherrmann, US-Volkswirt beim deutschen Fondshaus DWS, erklärt die Reaktion der Märkte damit, dass die US-Arbeitsmarktdaten „in der richtigen Größenordnung“ enttäuscht hätten. Da ist etwas dran. Auf der einen Seite ist die Situation am US-Arbeitsmarkt immer noch robust genug, um keine neuen Sorgen vor einer Rezession in den Vereinigten Staaten zu schüren. Auf der anderen Seite bewegen sich die Zahlen in einem Rahmen, der es erlaubt, die Hoffnungen auf Zinssenkungen der amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed) wieder etwas anzufachen.

Das zeigt sich auch an den Anleihemärkten. Dort sanken die Renditen am Freitag weiter. Genau das ist gut für Aktien. Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe ging auf bis zu 4,45 Prozent zurück. Noch Ende April war sie in der Spitze auf 4,74 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit vergangenem November gestiegen. Dabei zog die sich gegenläufig zum Kurs entwickelnde Rendite im April um mehr als einen halben Prozentpunkt und damit deutlich an.

Nach Ansicht von Christopher Broadley, Portfoliomanager beim britischen Vermögensverwalter Insight Investment, war es vor allem dieser beschleunigte Renditeanstieg, der auch die Aktien belastete. Höhere Renditen an den Anleihemärkten bedeuten schließlich, dass auch Unternehmen mehr für ihre Refinanzierung zahlen müssen. Das zehrt an ihren Margen. So war der April der erste Monat seit Oktober, den sowohl der S&P 500 als auch der Dax mit einem kleinen Minus beendete.

Auch Powell hat geholfen

Mit den jetzt wieder niedrigeren Anleiherenditen haben Investoren an den Aktienmärkten also eine Sorge weniger. Dass die Renditen gesunken sind, liegt aber nicht nur an den Arbeitsmarktdaten vom Freitag, sondern auch an US-Notenbankchef Jerome Powell. Er zerstreute zuletzt die zum Teil aufgekommenen Sorgen der Investoren, wonach die Leitzinsen in den USA in diesem Jahr wieder steigen könnten. Auslöser für diese Sorgen waren die immer noch deutlich zu hohen US-Inflationsraten.

Powell sagte zwar, dass die Inflation noch zu hoch sei. In den kommenden Monaten sollte sich die Teuerungsrate aber wieder in Richtung der Zwei-Prozent-Marke bewegen. Diese Marke strebt die Fed als Richtwert an. Wann die Fed die Leitzinsen senkt, ließ Powell jedoch offen.

Dafür stützt die Zentralbank die Anleihemärkte in einer anderen Hinsicht. Sie will den Bestand an Staatsanleihen in ihrer Bilanz deutlich langsamer abbauen. Bislang lässt sie jeden Monat fällige Staatsanleihen im Umfang von 60 Milliarden Dollar ersatzlos auslaufen. Ab Juni sinkt dieses Volumen auf nur noch 25 Milliarden Dollar.

Das bedeutet, dass die Fed wieder mehr Geld aus auslaufenden Staatsanleihen investiert und so stärker als Nachfragerin am Anleihemarkt auftritt. Auch das dürfte die Anleihemärkte stützen und ist damit auch für Aktionärinnen und Aktionäre eine gute Nachricht.

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