«ES TUT MIR LEID – DAS VERTRAUEN IST ZERSTöRT» – WIE SICH DER INVESTOR KLAUS-MICHAEL KüHNE VON RENé BENKO ABGEWENDET HAT

Die Verzweiflung in den E-Mails von René Benko an Klaus-Michael Kühne ist nicht zu übersehen:

«offen gesagt bin ich ratlos!» (1. Dezember 2022, 13 Uhr 22)

«Ich kann nicht nachvollziehen was da schiefgelaufen ist.» (1. Dezember 2022, 13 Uhr 50)

«Was gestern passiert ist kann ich einfach nicht verstehen und ist mir unerklärlich. (. . .) Einfach nur schade.» (2. Dezember, nach 15 Uhr)

Diesen Zeilen war ein Treffen der beiden Geschäftspartner in Hamburg vorausgegangen. Der österreichische Immobilienunternehmer war extra für ein Mittagessen mit Kühne, einem wichtigen Investor seiner Signa-Gruppe, in die Hansestadt geflogen.

Am Tisch zurückgelassen

Doch die Begegnung der beiden war nur von kurzer Dauer. Wenige Minuten nach Beginn des Gesprächs sei Kühne aufgestanden und habe den verdutzten Benko am gedeckten Tisch zurückgelassen.

So beschreibt das Buch «Inside Signa – Aufstieg und Fall des René Benko» den Bruch zwischen dem Logistikunternehmer Kühne (Kühne + Nagel) und dem schillernden Tiroler Immobilieninvestor. Die beiden Autoren, die österreichischen Journalisten Rainer Fleckl und Sebastian Reinhart, zeichnen anhand von vertraulichen Interna die Signa-Geschichte nach. Für sie markiert die geschilderte Episode so etwas wie den Anfang vom Ende des Signa-Imperiums.

Denn kurz nach der Szene im Restaurant seines Luxushotels «The Fontenay» schrieb Kühne per E-Mail: «Sehr geehrter Herr Benko, Es tut mir leid – das Vertrauen ist zerstört.» Zugleich kündigte er die «Rückabwicklung unserer Beteiligung an der Signa Prime Selection AG» an. Er wollte sein investiertes Geld zurück.

«Jetzt ist die Kasse erst einmal leer!»

Erst ein paar Monate zuvor hatte Kühne seine Beteiligung sogar aufgestockt. Doch als er wenig später gleich noch bei einer Kapitalerhöhung mitziehen musste, war der Hamburger irritiert. Auf ein Dankesschreiben Benkos antwortete Kühne damals nur knapp:

«Besten Dank für Ihre freundlichen Worte, der eine gigantische Zahlung von unserer Seite vorausgegangen ist, von der ich gar nicht wusste, dass sie so schnell erfolgen musste. Jetzt ist die Kasse erst einmal leer!»

Was Kühne ebenfalls nicht goutierte, war Benkos Plan, 50 Prozent der KaDeWe-Immobilie zu verkaufen. Das Kaufhaus in Berlin und andere repräsentative Liegenschaften wie das Alsterhaus in Hamburg oder der Oberpollinger in München hatten für ihn den Reiz der Signa-Investition ausgemacht, wie er später erklärte.

Und: «Wenn diese Wertanlage nun durchlöchert wird, dann kann das nicht im Sinne des Investors Kühne Holding AG sein.»

Doch der Ärger über die unerwartete finanzielle Verpflichtung und die Teilverkaufspläne der Immobilien waren nicht die einzigen Punkte, die bei Kühne ein Umdenken bewirkt haben. Ebenso dürfte eine Hausdurchsuchung der Büros der Signa Holding in Wien sein Misstrauen geschürt haben.

Im Oktober 2022 hatten Ermittler des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung im Auftrag der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Rahmen einer Hausdurchsuchung die Signa-Räumlichkeiten durchkämmt.

Unternehmer bringen Unternehmer

Für Benko war der Rückzug Kühnes ein Schlag in mehrfacher Hinsicht. Einerseits finanziell, weil in dem Signa-Konstrukt ständig irgendwo neues Kapital nötig war. Andererseits war es schlecht für das Image. Bekannte, erfolgreiche Unternehmer an Bord zu haben, hatte Benko stets geholfen, weitere solche Persönlichkeiten als Investoren zu finden.

Die breitere Öffentlichkeit ahnte allerdings erst knapp drei Monate nach dem ominösen 1. Dezember 2022 etwas vom abgekühlten Verhältnis zwischen den beiden Männern. Im «Manager-Magazin» sagte Kühne, angesprochen auf seine Signa-Beteiligung: «Das ist derzeit etwas volatil; das Thema haben wir unter Beobachtung.» Dieses isolierte Zitat vom Februar 2023 sorgte auch ohne den nun bekannt gewordenen Kontext für Aufregung.

Danach wurden die Probleme von Signa wegen der gestiegenen Zinsen immer grösser. Auch weitere Investoren wie der Schweizer Lindt-&-Sprüngli-Präsident Ernst Tanner stellten kritische Fragen. Im Herbst 2023 folgten die ersten Insolvenzen in der Signa-Gruppe. Der Niedergang war nicht mehr aufzuhalten.

2024-05-04T03:46:02Z dg43tfdfdgfd