DIE NEUSTEN ENTWICKLUNGEN - SIGNA-KRISE: DIE BETEILIGUNGSGESELLSCHAFT FüR KAUFHäUSER IST EBENFALLS ZAHLUNGSUNFäHIG

Die neusten Entwicklungen:

    In der Signa-Gruppe ist nun auch die Beteiligungsgesellschaft für Kaufhäuser zahlungsunfähig. Über die Signa Retail GmbH sei in Wien ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters der Deutschen Presseagentur am Dienstag (7. 5.). Zu den wichtigsten Beteiligungen der Signa Retail GmbH gehören mittelbar die ebenfalls angeschlagenen Kaufhausunternehmen Galeria Karstadt Kaufhof und KaDeWe in Deutschland, Globus in der Schweiz, sowie die britische Selfridges Group.

    Die angeschlagene Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof soll nach der geplanten Übernahme durch die neuen Eigentümer einen neuen Namen erhalten. Die Wörter Karstadt und Kaufhof werden Ende Juli wegfallen, das Unternehmen dann nur noch Galeria heissen. Das teilte Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Dienstag (7. 5.) mit. «Bei vielen neueren Filialen steht schon nur noch Galeria vorn drauf», begründete er die Entscheidung. Die drei Insolvenzverfahren in jüngster Vergangenheit seien eng verbunden mit den Namen. Deshalb wolle man «einen alten Zopf» abschneiden.

    Der deutsche Warenhauskonzern Galeria Karstadt plant laut Medienberichten, 16 seiner 92 Warenhäuser zu schliessen. Details zu den betroffenen Standorten und zum Zeitplan will Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus am Samstag (27. 4.) bekanntgeben. Von den rund 12 800 Mitarbeitenden, die das Unternehmen beschäftigt, sollen 11 400 ihren Job behalten. 1400 würden gehen müssen, hiess es. Zuletzt hatte Denkhaus bereits angekündigt, dass in der Konzernzentrale in Essen die Hälfte der 900 Arbeitsplätze abgebaut werden soll. Der Warenhauskonzern hatte Anfang Januar einen Insolvenzantrag gestellt. Es ist die dritte Insolvenz innerhalb von dreieinhalb Jahren.

    Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen René Benko persönlich. Dies berichtete am Dienstag (16. 4.) das ORF-Radio unter Berufung auf den Anwalt einer Bank, die Anzeige erstattet hatte gegen den Signa-Gründer. Demnach geht es um die Verlängerung eines Kredits in der Höhe von 25 Millionen Euro. Die Signa-Gruppe und Benko sollen dabei die Bank über die finanzielle Situation des Immobilien-Konzerns getäuscht haben. Sie hätten Gelder geliehen zu einem Zeitpunkt, als das Unternehmen schon insolvent war, so der Anwalt. Dabei sei nach Anschein seiner Mandanten Benko als faktischer Geschäftsführer tätig geworden, er habe auch selbst Finanzierungsgespräche geführt und korrespondiert. Das ist deswegen von Bedeutung, weil Benko offiziell seit Jahren keine Funktion in der Signa mehr hatte. Auch der Grossinvestor Hans Peter Haselsteiner hatte schon öffentlich erklärt, der Firmengründer habe trotzdem die massgeblichen Entscheidungen getroffen. Sieht das Gericht das als erwiesen, kann Benko auch rechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Sein Anwalt bestätigte laut dem Bericht die Ermittlungen. Die Vorwürfe seien haltlos, liess er verlauten.

    Die Central Group kauft das prestigeträchtige KaDeWe-Warenhaus in Berlin. Der bisherige Eigentümer, die insolvente Signa Prime Selection, und die Gruppe hätten eine Vereinbarung über den kompletten Erwerb getroffen, teilte Central am Freitag (12. 4.) mit. Zuvor hatte das «Handelsblatt» darüber berichtet. Laut Angaben der Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) zahlt die Central-Gruppe eine Milliarde Euro für das Gebäude. Signa Prime sucht derzeit Käufer für alle ihre Immobilien, auch die Globus-Warenhäuser in der Schweiz.

Was sind die Probleme der Signa-Gruppe?

Die Signa-Gruppe ist ein verschachteltes Konstrukt, das aus verschiedenen Immobilienfirmen und Kaufhausketten besteht. Bei den Kaufhäusern gibt es schon länger Probleme, so ist die deutsche Kaufhaustochter Galeria schon in den Jahren von 2020 bis 2022 zweimal durch ein Insolvenzverfahren gegangen.

Im Herbst 2023 sind aber auch die Immobilienunternehmen von Signa in eine Krise geraten. Der Hauptgrund dafür sind die stark gestiegenen Zinsen. Sie machten es für Signa teurer, die zahlreichen Bauprojekte zu finanzieren. Zudem mussten bei bestehenden Immobilien die Bewertungen nach unten korrigiert werden.

Ende Oktober 2023 wurde offenkundig, dass die Signa-Gruppe in akuten Geldnöten steckt. Wegen nicht bezahlter Rechnungen kamen die Arbeiten an verschiedenen Bauprojekten zum Stillstand.

Was ist der Plan für die Sanierung von Signa?

Noch bis im Herbst hatte René Benko einen Investor für den dringendsten Kapitalbedarf gesucht. Weil jedoch niemand einspringen wollte, musste eine Signa-Gesellschaft nach der anderen Insolvenz anmelden. Ende November stellte die Signa Holding beim Handelsgericht Wien einen Antrag zur Eröffnung eines Sanierungsverfahrens. Ende 2023 folgten die zwei wichtigsten Immobiliengesellschaften, Signa Prime und Signa Development.

Die drei Unternehmen strebten ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung an. Das heisst, dass das bisherige Management im Prinzip die Gesellschaft weiter leiten kann, der Insolvenzverwalter aber die Ausgaben prüft und das letzte Wort hat. Zudem braucht es einen Sanierungsplan, der von der Mehrheit der Gläubiger innert 90 Tagen genehmigt werden muss. Die Signa Holding hat im weiteren Verlauf des Verfahrens jedoch in eine Sanierung ohne Eigenverwaltung gewechselt. Signa Prime und Signa Development verfolgen weiterhin eine Sanierung mit Eigenverwaltung, mit dem Ziel, die Unternehmen zu restrukturieren und weiterzuführen.

Die Unternehmen haben zum Teil mit dem Verkauf von Vermögenswerten begonnen. Der Insolvenzverwalter der Signa Holding hat etwa angekündigt, das Chrysler Building in New York oder den Signa-Privatjet abzustossen. Signa Prime verkauft ihr gesamtes Immobilienportfolio in Österreich. Dazu gehört etwa das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck.

Im April wurde bekannt, dass die Signa-Holding Konkurs geht. Aus der geplanten Sanierung der Signa-Dachgesellschaft wurde nichts. Sie geht in ein ordentliches Konkursverfahren und wird liquidiert, wie am Donnerstag (11.04.) mitgeteilt wurde.

Was bedeutet die Krise für die Globus-Warenhäuser?

Die Aktivitäten von Globus und den weiteren Luxuskaufhäusern sind bei Signa in der Schweizer Firma European Investment Holding AG gebündelt. Diese hat sich Mitte Dezember in eine Nachlassstundung begeben, um sich von der Signa-Holding und den dortigen Wirren abzukoppeln.

Die Zukunft von Globus in der Schweiz hängt davon ab, dass die Besitzstruktur in absehbarer Zeit geklärt wird. Als natürlicher Käufer gilt, womöglich zusammen mit einem Partner, die thailändische Central Group. Sie besitzt bereits je die Hälfte des Globus-Warenhausgeschäfts und der Immobilien. Noch Ende 2023 hatte die Central Group ihre Unterstützung für das europäische Luxuswarenhausgeschäft bekräftigt.

In einem Bericht zuhanden des Wiener Handelsgerichts von Ende Februar heisst es, in Abstimmung mit der Central Group solle mit dem Verkauf erster Immobilien in der Schweiz begonnen werden.

Die Warenhäuser arbeiten vorerst ganz normal weiter. Auch an den Umbau- und Investitionsplänen solle sich nichts ändern, wie involvierte Personen betonen. Der Neubau in Basel sei durchgängig finanziert, die Bauarbeiten schritten wie vorgesehen voran, und die Eröffnung sei weiterhin für Herbst 2025 geplant. Auch am Zürcher Bellevue bleibe alles beim Alten: Sobald die Liegenschaftenbesitzerin PSP Swiss Property die Sanierung des Gebäudes abgeschlossen habe, werde man dort wieder einziehen, mit Gastrokonzepten im Erdgeschoss und einer Delicatessa-Abteilung im Untergeschoss. Diese Wiedereröffnung ist für Herbst 2024 geplant.

Was passiert mit dem Warenhauskonzern Galeria?

Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) hat im Januar 2024 beim Amtsgericht Essen einen Insolvenzantrag gestellt. Galeria sucht demnach einen neuen Eigentümer. Gespräche mit potenziellen Investoren seien bereits angelaufen, Ziel sei die Fortführung von Galeria. Galeria-Chef Olivier van den Bossche sprach in einer Mitteilung von einem «Befreiungsschlag». Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigten Galeria massiv, behinderten das laufende Geschäft und schränkten durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein, hiess es weiter.

Für Galeria ist es schon die dritte Insolvenz innerhalb von weniger als vier Jahren. Vorausgegangen war die Schieflage des Mutterkonzerns Signa. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kündigte an, den Beschäftigten Insolvenzgeld zu zahlen. Wie es langfristig mit den 93 Warenhäusern von Galeria weitergeht, ist vorerst unklar. Die Geschäfte befinden sich meist in besten Innenstadtlagen in grossen, mittleren und kleineren deutschen Städten.

Galeria kämpft schon länger mit finanziellen Problemen. So musste das Unternehmen nach den pandemiebedingten Schliessungen 2020 eine Sanierung durchführen. Doch die geplante Restrukturierung reichte nicht aus, so dass die Signa-Tochter 2023 erneut Insolvenz anmelden und weitere Schliessungen vornehmen musste. Dabei hat das Unternehmen vom deutschen Staat insgesamt 700 Millionen Euro an Steuergeldern erhalten.

Grundsätzlich lässt sich mit Kaufhäusern in Deutschland jedoch nur sehr schwierig Geld verdienen, wie die vergangenen Jahrzehnte gezeigt haben. Bei einem endgültigen Aus von Galeria besteht die Gefahr, dass es zu Immobilienbrachen in vielen Innenstädten kommt, da sich wohl kaum Käufer für die Objekte finden liessen.

Das zeigt das Beispiel der Modekette Aachener. Diese hatte von ungefähr einem halben Dutzend Galeria-Standorten die Mietverträge übernommen und noch in weitere ehemalige Filialen der Kaufhauskette einziehen wollen – und unterdessen selber Insolvenz angemeldet.

Welche Rettungsmassnahmen wurden bereits getroffen?

Die Signa-Gruppe hatte vor den Insolvenzen versucht, an neue Mittel zu kommen. Bereits im März 2023 verkaufte Signa die Hälfte der KaDeWe-Immobilie in Berlin an die thailändischen Geschäftspartner der Central Group. Zudem hatte der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne, der nicht auf Holding-Stufe, aber bei der Immobiliengesellschaft Signa Prime investiert ist, einen Bürokomplex namens Beam von Signa übernommen.

Zum andern trennte sich Signa von Beteiligungen im Detailhandel. Verkauft wurden der Bereich Signa Home & Lifestyle mit dem Möbelhaus Kika/Leiner in Österreich sowie der Bereich Signa Food & Restaurants mit den Karstadt-Restaurants, einem Joint Venture mit Eataly.

Bei der erst 2021 übernommenen britischen Luxuswarenhauskette Selfridges übernahm die thailändische Central Group die Mehrheit am operativen Geschäft.

Beim Sportartikelhändler Signa Sports United (SSU) zog Benko selber eine zugesagte Kapitalspritze von 150 Millionen Euro zurück – mit dem Resultat, dass das Unternehmen Insolvenz anmelden musste.

Nicht geklappt hatte der Abschluss eines Stillhalteabkommens. Mit einem solchen Schritt hätte der deutsche Sanierungsexperte Arndt Geiwitz versuchen sollen, Vertrauen bei allen involvierten Parteien zu schaffen – bei den Mitinvestoren wie auch bei den kreditgebenden Banken. Diese hätten darauf verzichten sollen, Kredite fällig zu stellen oder Geld zurückzufordern. Dieser Plan scheiterte an der fehlenden Zusage eines neuen Investors und daran, dass Geiwitz gar nie die nötigen Vollmachten dafür erhalten hatte.

René Benkos Signa-Gruppe im Überblick

Wer sind die wichtigsten Personen?

Der Österreicher René Benko hat die Signa-Gruppe Anfang der 2010er Jahre gegründet, nachdem er zu Geld gekommen war und erste Grossprojekte wie das Kaufhaus Tyrol in der Innsbrucker Innenstadt realisiert hatte.

In den Folgejahren holte Benko gewichtige Geldgeber ins Boot, zu ihnen gehören: der Lindt-&-Sprüngli-Verwaltungsratspräsident Ernst Tanner, der Thurgauer Kaffeemaschinen-Unternehmer Arthur Eugster, der deutsche Fressnapf-Gründer Torsten Toeller, der österreichische Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner (Strabag) und der brasilianisch-schweizerische Unternehmer Riccardo Arduini. An anderer Stelle im Signa-Konstrukt sind weitere prominente Personen wie der deutsche Unternehmer Klaus-Michael Kühne investiert.

Während der Verhandlungen, wie die Gruppe aussergerichtlich hätte saniert werden können, soll es zu Konflikten gekommen sein. Investoren und Manager hatten den Eindruck gewonnen, dass sich der Firmengründer Benko nicht ausreichend an einer Sanierung beteiligen wolle. Welche Rolle Benko heute noch spielt, ist nicht klar. Enge Vertraute von ihm sitzen immer noch an Schalthebeln der Signa-Gruppe.

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