ERSTER BEMANNTER TEST: STARLINER BLEIBT WEITER AN DER ISS

Aus geplanten acht Tagen sind mittlerweile mehr als sieben Wochen geworden. Und noch immer nennt die NASA kein Rückflugdatum.

Die NASA und Boeing arbeiten weiter daran, zwei größere Probleme am neuen Boeing-Raumschiff CST-100 Starliner zu verstehen. Es geht zum einen um mehrere kleine Heliumlecks im Antriebssystem, die zum Teil bereits vor dem Start aufgetreten waren. Zum anderen um die Fehlfunktion mehrerer Schubdüsen des Reaktionskontrollsystems (RCS) beim Anflug auf die ISS am 6. Juni. Der Rückflug der NASA-Astronauten Butch Wilmore und Suni Williams verzögert sich dementsprechend weiter. "Wir können den gesamten August über arbeiten und auch Crew-9 noch etwas verschieben", sagte Steve Stich, NASA-Manager des Commercial-Crew-Programms, bei einer Pressekonferenz am Donnerstagabend. Bei der letzten Pressekonferenz war noch von einer möglichen Rückkehr Ende Juli die Rede.

Aktuell sind die NASA und Boeing in den letzten Zügen von umfangreichen Bodentests mit einem RCS-Triebwerk, um die im Flug aufgetretenen Probleme nachzustellen. Beim Anflug auf die ISS waren zeitweise fünf der insgesamt 28 kleinen Triebwerke mit einem Schub von je 378 Newton ausgefallen, vier davon konnten wieder in Betrieb genommen werden. Die RCS-Triebwerke dienen der Manövrierfähigkeit im Orbit und bei der Annäherung an die Raumstation.

In White Sands, New Mexico, wurde das Testtriebwerk extrem beansprucht und auch unter erhöhten Temperaturen betrieben. Man habe mehrfach die Flugprofile durchgespielt, sagte Stich. Dazu gehörten zwei simulierte Flüge zur ISS und fünf Flüge zurück zur Erde. Derzeit wird das Triebwerk auseinandergebaut und inspiziert. Bei einer Teflon-Dichtung im Oxidator-System habe man eine Ausbuchtung gesehen, die den Oxidatorfluss behindern könnte. "Das kommt dem nahe, was wir im Flug sehen", sagte Stich. Mark Nappi, Boeing-Manager des Commercial-Crew-Programms, ergänzte, dass erodiertes Teflon in einem Filter stromabwärts gefunden worden seien. "Diese Ergebnisse sind wahrscheinlich die Hauptursache", sagte Nappi.

Heißlauftest an der ISS geplant

Zu der RCS-Fehlfunktion kommt es offenbar unter sehr speziellen Umständen: wenn den Schubdüsen zu viele Impulse abverlangt werden, während sie zur Sonne zeigen, und zudem noch die OMACS-Triebwerke feuern. OMACS steht for Orbital Maneuvering and Attitude Control System. Es handelt sich um zwölf stärkere Triebwerke, die es dem Starliner erlauben, im Weltraum und beim Wiedereintritt zu manövrieren. Sie sind zusammen mit den RCS-Triebwerken in vier sogenannten "Doghouses" am Servicemodul untergebracht. Diese Gehäuse sind stark isoliert, offenbar staut sich darin die Hitze.

In White Sands finden zudem Untersuchungen eines dort eingelagerten Starliner-Servicemoduls statt. Es war dort drei Jahre lang den Oxidatordämpfen ausgesetzt. Als Oxidator kommt beim RCS Distickstofftetroxid (NTO) zum Einsatz. "Einige der Dichtungen weisen ernsthafte Schäden auf", sagte Stich.

Für das kommende Wochenende, 27. oder 28. Juli, ist zudem ein Heißlauftest der RCS-Triebwerke des Starliner an der ISS geplant. Dabei sollen 27 der 28 Triebwerke gezündet werden. Dabei wird auch das Heliumsystem geprüft und Verteiler für Verteiler unter Druck gesetzt.

Backup Crew Dragon

Nach diesen wichtigen Tests soll bei der NASA frühestens kommende Woche eine sogenannte "Undock Review" stattfinden, bei der sämtliche Daten analysiert und bewertet werden. Erst danach werde man ein Rückkehrdatum nennen können, sagte der NASA-Manager. "Unser Ziel ist es, Butch und Suni mit dem Starliner zurückzubringen", sagte Stich. Der Rückflug und die Landung seien wichtige Bestandteile der Mission für die Zulassung des Starliner. Als Notfalloption stehe aber die Crew Dragon von SpaceX zur Verfügung.

Der Starliner war am 5. Juni von Cape Canaveral aus zu seinem ersten bemannten Testflug zur Internationalen Raumstation gestartet. Die Mission sollte ursprünglich etwa acht Tage dauern, maximal jedoch 45 Tage. Man habe die Zulassung für die Batterien, die der limitierende Faktor war, aber auf 90 Tage verdoppelt, so Stich.

2024-07-26T13:57:47Z dg43tfdfdgfd